CD RELEASE - Serenade - Works for Clarinet and Strings

by Krenek, Gál and Penderecki

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„So jung wie das Jahrhundert war ERNST KRENEK, als seine Serenade, op. 4 am 31. Juli 1921 bei den frisch gegründeten Donaueschinger Kammermusikaufführungen zur Förderung zeitgenössischer Tonkunst erklang. Bei diesem bald nur noch Donaueschinger Musiktage genannten Neue-Musik-Festival, das heute zu den weltweit ältesten Spezialfestivals überhaupt gehört, war Krenek auch in späteren Jahren gelegentlich vertreten, mit Werken allerdings, die kaum erkennen lassen, dass sie aus der Hand ein und desselben Komponisten stammen.

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Da weht ein leiser Hauch aus der Italienischen Serenade von Hugo Wolf herein, aber schon im duftigen Klanggewebe des ersten Satzes zeigt sich eine Tendenz zu linearen Verläufen und Imitationstechniken älterer Musik, die sich im Folgenden noch verstärkt. Der unbeschwerte Serenadenton bleibt dennoch gewahrt in wiegenden Rhythmen und durch mandolinenhaft gezupfte Streicherstimmen, während die Klarinette Mummen- schanz mit ihren Möglichkeiten treibt und sich mal als Flöte und mal auch als Fagott verkleidet.

Das Jahr 1933 und die sogenannte Machtergreifung durch die ‘Abgesandten der Hölle’, wie Krenek sie nannte, bedeutete das vorläufige Ende der Donaueschinger Musiktage als Festival der Avantgarde und zwang viele ihrer einstigen Protagonisten in die Emigration. Paul Hindemith ging 1940 nach Zwischenstationen in der Türkei und Schweiz in die Vereinigten Staaten. Ernst Krenek hatte diesen Schritt bereits zwei Jahre zuvor getan, während HANS GÁL – als Jude in Deutschland und seit 1938 auch in seiner österreichischen Heimat unmittelbar bedroht – Zuflucht in England fand, dies jedoch zunächst als Internierter, wovon sein Buch Musik hinter Stacheldraht höchst anschaulich erzählt. Hans Gál blieb verwurzelt in der wienerischen Tradition des ‘langen’ 19. Jahrhunderts. Seine Serenade von 1935 ist ein elegantes und melodienreiches Werk, das nie die Grenzen der Tonalität verletzt. Die stilistische Haltung und handwerkliche Meisterschaft erinnert nicht von ungefähr an Johannes Brahms und dessen Altersliebe, das ‘Fräulein Klarinette’. …

War Gál ein Komponist, der eher zurück als in die Zukunft schaute, Krenek hingegen ein rastloser Neuerer, in dessen Schaffen sich blättern lässt wie in einem Stil-Kompendium der Moderne, so trifft auf KRZYSZTOF PENDERECKI etwas von beidem zu. Dass er zu den musikalischen Höchstbegabungen seines Landes zählte, bewies er eindrucksvoll, als er 1959 mit drei anonym eingereichten Werken den ersten bis dritten Preis im Nachwuchswettbewerb des polnischen Komponistenverbandes ge- wann. Seine 1960 in Donaueschingen uraufgeführte Klangflächen-Komposition Anaklasis wurde zu einem ikonischen Werk der zeitgenössischen Musik und machte ihn zusammen mit der bald darauf entstandenen Lukas-Passion zu einer Zentralfigur im internationalen Musikbetrieb, begehrt und geehrt wie kaum ein anderer Komponist seiner Generation…..

1993 entstand in zeitlicher Nähe zu den Metamorphosen (2. Violinkonzert) sein Klarinettenquartett, das als Sinfonietta Nr. 2 auch in einer Fassung mit Streichorchester existiert. Es ist ein atmosphärisch eher ruhiges, beinahe Schubertsche Sphären berührendes Werk, das sich aus einem zarten Dialog zwischen Klarinette und Bratsche (Notturno) heraus entwickelt. Im Ostinato schneller Viertelnoten prescht gespenstisch ein Scherzo vorüber, gefolgt von einem noch kürzeren ‘Tempo di valse’ im Achteltempo. Im Schlussteil, dessen Umfang allein den der vorangegangenen Sätze übertrifft, vereinigen sich die Instrumente des Anfangs in einer insistierend vorgetragenen Figur aus Wechselnoten, die sich zunächst mit der melodisch ausgreifenderen Violin- und Cello- stimme verschränkt, um dann gemeinsam in eine Art Auflösungsprozess einzutreten…‘

© 2024 Johannes Jansen